Bei Festen muss es prickeln. Im Glas unbedingt. Auf der Haut optional - je nach Anlass. Schliesslich gibt es in der westlichen Zivilisation wohl kein anderes Getränk, was derart mit Feiern, Freude und Feuchtfröhlichkeit in Verbindung gebracht wird, als blubbernder Wein. Die aufsteigenden Luftbläschen scheinen sinnbildlich für aufsteigende Emotionswallungen. Sei es zum Wochenausstand am Freitag, zur Hochzeit, zum Geburtstag oder eben jetzt, wenn Weihnachten oder Silvester vor der Tür stehen. Der Moment des Anstossens wird dann zelebriert, er wird eingeleitet mit dem Korkenknallen und durch das vorsichtige Füllen der Gläser noch einmal hinausgezögert. Vielleicht spricht noch jemand einen Toast, bevor die Gläser erhoben werden und geräuschvoll aufeinandertreffen. Der Klangteppich dieses Rituals: plopp oder peng - blubb, blubb, blubb-kling, kling/klirr oder schepper, schepper-je nach Trinkbehältnis.
Wer etwas auf sich hält - und das hat erst mal nichts mit Geschmack zu tun -, nimmt Champagner, der besonders feinperlig ist. Der darf bekanntlich nur aus der Champagne im Nordosten Frankreichs kommen. Meistens werden für den Champagner die Rebsorten Pinot noir, Meunier und Chardonnay verwendet. Zugelassen sind jedoch auch Arbane, Petit Meslier, Pinot blanc und Pinot gris. Die Trauben müssen von Hand geerntet werden, und die Gärung, die mindestens 15 Monate beträgt, findet bei der Champagner-Herstellung traditionell in der Flasche statt.
Ein Mönch hat's erfunden
Das Verfahren der Flaschengärung - die Méthode champenoise - geht auf den Mönch Dom Pérignon der Benediktinerabtei Hautvillers zurück, der es Ende des 17. Jahrhunderts ermöglichte, Frische und Perlage dauerhaft in die Flasche zu bringen. Heute ist man sich nicht mehr sicher, ob es tatsächlich dieser Mönch war, der das Verfahren entwickelt hat. Doch hat er es auf jeden Fall geschafft, Namenspate für eine der bekanntesten Champagnermarken zu werden. Als ein paar Jahre später, im Jahr 1729, auch noch das Transportverbot von Champagner in Flaschen aufgehoben wurde, trat der Schaumwein seinen Siegeszug an.
Zum internationalen Erfolg trugen Erzeuger wie Ruinart, Heidsieck, Moët, PerrierJouët und Bollinger bei. Der Champagner wurde zum begehrtesten Tropfen Frankreichs und war vorerst dem Adel und der Bourgeoisie vorbehalten. Zahlreiche Sortenentwicklungenwie etwa der erste Rosé von Veuve Clicquot-begünstigten den Aufstieg. Und hier kommen wichtige Damen ins Spiel, zum Beispiel die Witwe (Veuve) Barbe Nicole Clicquot-Ponsardin, die neben dem Rosé-Champagner auch das erste Rüttelpult und das typische Degorgierungsverfahren erfand, mit dem der Hefesatz aus dem Flaschenhals (gorge) geholt wird. So gelang es erstmals, einen nicht naturtrüben Champagner auszubauen. Eine andere Witwe, Madame Pommery, erfand im Jahre 1874 die herbe Variante des Champagners, den Champagner brut.
10% Alkohol und 3,5 bar beim Sekt
Dagegen unterliegt der Sekt als Schaumwein weniger strikten Regeln, doch auch hier gibt es gewisse qualitative Kriterien, in Deutschland zum Beispiel der Alkoholgehalt von mindestens 10% oder der Kohlensäuredruck von 3,5 bar. Zudem darf beim Sekt keine Kohlensäure hinzugefügt werden, das Perlen muss auf natürlichem Weg entstehen. Auch das Anbaugebiet ist nicht vorgeschrieben, und die Gärzeit ist in der Regel deutlich kürzer. In dieser Zeit gären günstige Schaumweine in grossen Tanks, während hochwertige Sekte bis zu neun Monate in der Flasche reifen, ähnlich wie beim Champagner. Man sollte also bei Sekt ganz genau auf das Etikett achten, etwa auf den Zusatz «traditionelle Flaschengärung».
Crémant, Prosecco oder Spumante
Je nach Land gibt es für Sekt unterschiedliche Bezeichnungen, in Frankreich und in einem Teil Luxemburgs verwendet man den Begriff Crémant, ansonsten spricht man allgemein von Vin mousseux. In Italien geniesst man den Spumante. Ausnahme bildet hier der Prosecco, der zwingend aus der Region Venetien stammen muss, also wie beim Champagner auch eine Herkunftsbezeichnung ist. Prosecco wird in der Regel zum Grossteil aus der Glera-Traube und per Tankgärungsmethode hergestellt. Und ein Prosecco Spumante? Der muss demnach aus der Region Venetien kommen und einen Kohlensäuredruck von mindestens 3,5 bar haben, ohne den Druck wäre es «nur» ein Prosecco.
Soweit, so gut. Aber zu was geniesst man die perligen Weine am besten? Prosecco passt zum Beispiel sehr gut zu Antipasti, Mandeln aber auch zu Pökelfleisch oder Käse. Andererseits lässt er sich auch hervorragend mit asiatischen Gerichten kombinieren. Der Champagner findet seine Erfüllung in Kombination mit Austern. Bei diesem Arrangement könnte das Prickeln dann wirklich auf die Haut übergehen. Dominique Simonnot