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Lehrstellen sind noch immer zu haben

Lehrstellen sind noch immer zu haben

Yvonne Christen vom biz Urdorf freut sich, dass die neue Mediathek nach dem Umbau wieder für alle Berufsinteressierten geöffnet hat. Bild: Thomas Pfann

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Das Corona-Jahr ist sowohl für Lehrstellensuchende als auch für Lehrbetriebe eine Herausforderung. Yvonne Christen leitet seit Februar 2020 das Berufsinformationszentrum biz Urdorf und gibt Auskunft über die aktuelle Situation bei den Berufsausbildungen.

Viele Lernende haben ihre Ausbildung vor kurzem begonnen. Können Jugendliche auch jetzt noch eine Lehrstelle finden?

Ja, es gibt noch Lehrstellen, und wegen der Pandemie wurde auch die Möglichkeit, einen Lehrvertrag fürs laufende Jahr abzuschliessen, im Kanton Zürich generell bis zu den Herbstferien verlängert.

Welche Möglichkeiten stehen Jugendlichen ohne Lehrstelle offen?

Einige Jugendliche machen ein Motivationssemester oder besuchen ein privates Zwischenjahr – auch in Kombination mit einem Sprachaufenthalt oder als Au-pair in der Schweiz. In Ausnahmefällen werden Jugendliche auch noch bis zu den Herbstferien in ein zehntes Schuljahr aufgenommen. Die Lehrstellen 2021 sind bereits wieder ausgeschrieben, es gibt darunter auch Betriebe, die Praktika ermöglichen, auch wenn die Lehre erst 2021 startet.
   

Welchen Beruf würden Sie wählen, wenn Sie jetzt vor der Berufswahl stünden?

Ich habe nach der Verkehrsschule, einer Mittelschule, eine sehr abwechslungsreiche Lehre als Luftverkehrsangestellte gemacht. Beides gibt’s heute nicht mehr. Als ich später in die IT eingestiegen bin, wurden hingegen noch keine Lehren als Informatikerin angeboten, daher würde ich mich heute für diese Lehre entscheiden. Ich habe über 15 Jahre in der IT gearbeitet, die Zeit verging wie im Fluge, es gab spannende Projekte und neue Formen der Zusammenarbeit.

Und was steht bei den Schulabgehenden am höchsten im Kurs?

Es sind Berufe an der Schnittstelle zwischen IT und Gestaltung, wie Interactive Media Designer, Polydesigner 3D, Grafiker oder auch Berufe, bei denen es um Menschen geht wie in der Betreuung oder im Verkauf. Schauen wir dazu auf die Statistik der meistgewählten Berufe im Kanton Zürich, stand 2019 bei jungen Frauen und Männern gleichermassen das KV an erster Stelle, gefolgt von der Fachfrau Gesundheit oder Betreuung resp. Informatiker oder Elektroinstallateur. Danach folgen bei allen Jugendlichen die Lehren im Detailhandel.

Sind in den beliebten Berufen genug Lehrstellen vorhanden?

Ja und leider auch nein: Im kaufmännischen Bereich ist das Angebot an Lehrstellen relativ stabil, in anderen beliebten Branchen – unter anderem bei gestalterischen Berufen – gibt es nur wenige Lehrstellen. Viele Jugendliche gamen sehr gerne und möchten etwas in der IT tun. Wenn ihr schulischer Rucksack nicht ausreicht, dann weichen sie in andere Berufe aus.

Welche Branchen sind weniger begehrt und wieso?

Berufe, bei denen körperlicher Einsatz gefragt ist oder die Arbeit draussen bei Wind und Wetter stattfindet. Beim Job dreckig zu werden, ist wenig populär. Das trifft für verschiedene Branchen wie zum Beispiel in der Baubranche oder bei handwerklichen Berufen zu. Sich als junger Mensch von Mainstream zu lösen und etwas ganz anderes zu lernen, als was von der Klasse als cool angeschaut wird, das braucht auch Mut. Die Aufgabe des «biz» ist es, über die verschiedenen Möglichkeiten und die Attraktivität von Berufen, die vielleicht wenig oder gar nicht bekannt sind, aufzuklären. Und wenn Jugendliche die Berufsmaturität anpeilen, dann stehen ihnen viele Weiterbildungsmöglichkeiten offen.

Was unternehmen Lehrfirmen, um Lernende für «unpopuläre» Berufe zu finden?

Diese Unternehmen sind sehr kreativ und aktiv im Berufsmarketing. Sie machen Werbung in Social Media und mit ihren talentierten Lehrenden, die vielleicht sogar Medaillen an Berufsweltmeisterschaften geholt haben, und nutzen sie als Aushängeschild. Oft gehen sie im Verbund auch an Messen, einige sogar in Klassen. Weil Eltern bei der Berufswahl eine wichtige Rolle spielen, werden Eltern zu Betriebsbesichtigungen bis hin zu Schnupperlehren eingeladen, damit auch sie sich ein Bild von abwechslungsreichen und tollen Berufen machen können.

«Die Aufgabe des ‹biz› ist es, über die verschiedenen Möglichkeiten und die Attraktivität von Berufen, die vielleicht wenig oder gar nicht bekannt sind, aufzuklären. »

Yvonne Christen
Leiterin Berufsinformationszentrum biz Urdorf

Die Lehre gilt als erster Schritt ins Berufsleben – ohne Weiterbildung bestehen nur geringe Karrierechancen. Trifft diese Prämisse zu?

Es kommt immer darauf an, was einem Karriere bedeutet. Für mich ist lebenslanges Lernen zentral. Zwei von drei Jugendlichen starten mit einer beruflichen Grundbildung ins Arbeitsleben. Ob fachlich und auch in der Führung – alle Wege benötigen Rüstzeug, das sowohl in der Praxis über Berufserfahrung als auch über Weiterbildungen angeeignet wird. Die Digitalisierung verändert viele Prozesse im heutigen Arbeitsmarkt, da nützt es, auch ohne Karriereabsichten am Ball zu bleiben und sich dafür fit zu machen – und zwar ein ganzes Leben lang.

Wie stehen die Jobchancen für Lehrabgänger im speziellen Jahr von Corona?

Lehrabgänger haben es in der Regel auch in anderen Jahren nicht leicht, nach der Lehre eine Anschlusslösung zu finden. In diesem Jahr stellen wir jedoch fest, dass die Berufseinsteiger von der Pandemie sehr stark betroffen sind. Daher unser Aufruf an Betriebe, trotz Krisenzeiten auch junge Arbeitsleute weiter zu beschäftigen. Sie können dadurch die Berufserfahrung machen, die in Jobausschreibungen oft gesucht wird.

Was sollen Jugendliche nun konkret unternehmen, wenn sie noch ohne Lehrstelle dastehen?

Auf jeden Fall können sie sich bei uns melden. Das biz Urdorf wurde umgebaut und seit den Sommerferien wieder nachmittags geöffnet, am Dienstag bis 19.30 Uhr. Es gibt auch die Möglichkeit, sich von unseren Fachleuten kurz beraten zu lassen – ohne Voranmeldung. Individuelle Tipps und konstruktive Ratschläge helfen in vielen Fällen weiter. Manchmal ist ein Richtungswechsel bezüglich des Berufswunsches nötig. Oder es hilft, bestehende Bewerbungsunterlagen zu überprüfen und neu zu formulieren.

Das biz Urdorf steht auch Erwachsenen offen. Welches sind Ihre wichtigsten Anliegen?

Vordergründig geht es oft um Weiterbildungsfragen oder eine Neuorientierung. In der Beratung zeigt sich, dass sie etwas in ihrem Arbeitsleben ändern möchten, weil sie vielleicht in ihrem Job oder Team nicht mehr zufrieden sind. Es gibt Erwachsene, die kommen auch nicht freiwillig, sondern weil sie ihren Job verloren haben und es jetzt darum geht, nachzuholen, was ihnen für den Arbeitsmarkt von heute fehlt und worin sie sich weiterbilden müssten. Die eigene Arbeitsmarktfähigkeit zu erhalten in einer Arbeitswelt, die sich ständig und schnell wandelt, ist für alle wichtig. Wir bieten dazu gerne Orientierungsgespräche an.

Interview: Thomas Pfann

  

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